Die feindlichen Brueder

Als dem Wassermannkoenig der Eger das Maedchen davongelaufen war, 
verlegte er seinen Hauptsitz nach seinem Kristallpalast am Fusse des 
Hornerberges. 
Von dort aus regierte er grimmig und grausam viele hundert Jahre lang 
sein maechtiges Wasserreich, ehe er es seinen beiden Soehnen uebergab. 
Sie hiessen Pock und Alf. Pock war gross und stark, aber boese, Alf 
schoen und edel, aber zart. 
In einem Zweikampf zwischen den ungleichen Bruedern siegte Pock, der 
von nun an das Reich genau so gewalttaetig, nur noch viel roher als sein 
Vater regierte. 
Dem zarten Alf blieb nichts uebrig, als die Flucht zu ergreifen. 
Er verwandelte sich in einen Menschen und begann, bei den Bauern am 
Hornerberg Arbeit zu suchen. Die meisten betrachteten ihn nur mitleidig, 
weil er so schwaechlich aussah, und wiesen ihn ab. 
Endlich aber fand sich doch ein gutmuetiger Bauer, der ihn aufnahm. 
Er merkte bald, dass er einen guten Griff getan hatte, denn der neue 
Knecht war fleissig und geschickt. Unter seiner Obhut gedieh das Vieh 
so prachtvoll, dass die anderen Bauern staunten. 
Sieben Jahre blieb Alf auf dem Hof und wurde in dieser Zeit gross und 
stark. Doch sein Herz blieb gut und sanft wie vorher. Er wurde traurig, 
wenn er von den Untaten seines Bruders hoerte, der, sooft er nur konnte, 
Kinder ins Wasser zog, Kaehne umwarf und Menschen in den Wellen 
umkommen liess. 
Endlich fasste er sich ein Herz. Als ihn sein Bauer wieder einmal fragte, 
warum er denn oft so traurig sei, erzaehlte er ihm seine Geschichte und 
dass er keinen groesseren Wunsch habe, als eines Tages wieder 
heimzukehren in sein Reich. Er fuehle sich jetzt stark genug, um den Kampf 
mit seinem Bruder nochmals aufzunehmen. Dann bat er den Bauern, ihn an 
die Eger zu begleiten und auf das Ende des Kampfes zu warten. 
Der Bauer war tief beeindruckt vom Schicksal seines Knechtes, den er immer 
nur fuer einen einfachen Burschen vom Lande gehalten hatte. Bereitwillig 
folgte er ihm zum Fluss, wo sich Alf wieder in einen Wassermann verwandelte.
Diesmal aber war er gross und stark. Kaum war er ins Wasser getaucht, als 
es in einen wilden Aufruhr geriet. Da wusste der Bauer, dass in der Tiefe 
der Kampf begonnen hatte. Er dauerte lange, doch allmaehlich beruhigte 
sich das Wasser und Alf tauchte aus den Fluten. Er gruesste und winkte mit 
seinem Dreizack, ehe er wieder verschwand. Alf hatte seinen boesartigen 
Bruder im Zweikampf getoetet. Von nun an regierte er guetig und gerecht in 
seinem Wasserreich, und auch den Menschen half er, wo es ihm moeglich war. 
Fiel ein Kind ins Wasser, so mussten es seine Wassergeister sicher ans Ufer 
zurueckbringen. Oft half er den Schiffern und Floessern eigenhaendig, wenn 
sie in den Wellen der Eger zu kentern drohten. 
Alljaehrlich trieb er die schoensten Fische dorthin, wo der Bauer, auf 
dessen Hof er einst als Knecht gewesen war, seine Netze auslegte. 
Bis ins hohe Alter lebte der Bauer gluecklich und zufrieden. Als er aber 
gestorben war, sah man unter den Menschen, die zu seiner Beerdigung 
gekommen waren, auch einen hochgewachsenen Fremden, der einen 
grossen Kranz aus Wasserrosen trug. 
Die, welche ihn noch gekannt hatten, glaubten, dass es der Knecht von 
einst gewesen sei, der sich aus einem Wassermann noch einmal fuer 
ein paar Stunden in einen Menschen verwandelte. 

Spaeter zog ich - AlftheMerking - an die Isar um.




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