Die Isarnixe

In der Isar hauste eine Nixe, ein schoenes, gefaehrliches Wesen, das schon 
vielen Fischern und Floessern den Tod gebracht hat. Ihr Lieblingsaufenthalt 
ist das Isarwehr bei der Marienklause. Nie passierten frueher die Floesser 
diese Stelle, ohne ein Vaterunser zu beten, das sie vor dem Lied der 
Isarnixe schuetzte. Denn wer es hoerte, kam bei einer seiner naechsten 
Fahrten ums Leben. Noch am Ende des vorigen Jahrhunderts standen bei 
der Marienklause am Wehr eine Reihe von Marterln zum Gedenken an die 
Floesser, die hier in den Wellen der Isar ertranken. Auf einem war sogar 
im Bilde dargestellt, wie an dieser Stelle ein Floesser, dem Gesang der 
betoerenden Nixe lauschend, nicht auf die wilden Strudel der Isar achtete, 
und dadurch toedlich verunglueckte. Wenn ein Hochwasser bevorsteht, so 
huscht die Nixe im Abendnebel durch die Isarauen und haelt nach einsamen 
Wanderern Ausschau. Sobald sie einen dann entdeckt, laesst sie auf ihrem 
gruenen Haar und ihren zarten Haenden kleine Flaemmchen leuchten und 
tanzen. Es sieht so zauberhaft und eigenartig aus, dass der Wanderer 
seinen sicheren Weg verlaesst und ihr folgt, bis ploetzlich die Flut des 
Hochwassers ihn erfasst und nie wieder freigibt. Ehe er das Bewusstsein 
verliert, hoert er als letztes das helle Lachen der Isarnixe, die sich 
freut, wieder ein Opfer gefunden zu haben. 
Auch auf der Hochzeit des Bayernherzogs Albert IV. mit Kunigunde, der 
Tochter Kaiser Maximilians, war die Isarnixe unerkannt unter den Gaesten. 
Es war im Jahre 1487, und die Vermaehlung wurde mit fuerstlichem Prunk 
gefeiert. Von nah und fern waren die hohen Gaeste gekommen, und der 
Herzog hatte die besten Spielleute des Landes nach Muenchen holen 
lassen, wo sie beim Festessen und spaeter zum Tanz musizierten.
Unter den fremden Musikanten war auch ein huebscher, lustiger junger 
Bursche, der meisterhaft die Sackpfeife spielte. Er kannte wunderbare 
Lieder, die am Herzogshof noch niemand gehoert hatte, vor allem aber 
ahmte er auf seinem Instrument Vogel- und Tierstimmen so taeuschend 
nach, dass alle ganz begeistert waren. Am naechsten Tag lud der Herzog 
zu einem Ausflug nach seinem Jagdschloss Gruenwald ein. Ein junges 
Edelfraeulein, das der Spielmann am Hochzeitstag nicht unter den Gaesten 
gesehen hatte, wich nicht von seiner Seite und bat ihn immer von neuem 
um eine Probe seiner Kunst. Sie hatte blondes Haar, auf dem die 
Sonnenstrahlen gruen-goldene Lichter tanzen liessen, gruenschimmern
de Augen, trug ein gruenseidenes Kleid, das mit wasserhellen Edelsteinen 
bestickt war, und gruene Schuhe. Der junge Spielmann wurde vor Freude 
und Stolz ganz uebermuetig, weil die schoene Fremde nur ihn zu sehen 
schien und sich lange mit ihm unterhielt. Sie fuehrte ihn schliesslich ein 
wenig beiseite von der Festgesellschaft, und als sie allein am Ufer der Isar 
standen, sah sie ihn aus ihren raetselhaften Augen herausfordernd an und 
sagte: 'Dass du ein guter Musikant bist, weiss ich nun. Aber bist du auch 
ein mutiger Mann? Bist du bereit, dein Leben zu wagen? Ich will dich 
wunderbar belohnen, wenn du es tust!' Ohne den Blick von ihr zu wenden, 
sagte der Spielmann sofort: 'Ich werde es dir beweisen. Sage mir, was 
du von mir erwartest!'
Da lachte die Schoene uebermuetig, riss sich ihr Geschmeide vom Hals und 
warf es weit hinein in die Isar. 'Da, bring' es mir zurueck!' rief sie. 
'Wenn du wiederkommst, erfuelle ich dir jeden Wunsch!'
Der junge Spielmann zoegerte keine Sekunde. Er stuerzte sich tollkuehn in 
den reissenden Fluss. Doch ehe die Wellen ueber ihm zusammenschlugen 
und ein Strudel ihn auf den Grund riss, hoerte er ein seltsames, wildes 
Lachen. Niemand sah ihn jemals wieder. Auch das Edelfraeulein war von 
dieser Stunde an verschwunden, so sehr man nach ihr suchte. Denn obwohl 
niemand das Geschehen beobachtet hatte, vermutete jeder, dass sie Schuld 
sei am Tode des lustigen Spielmanns. 
Von diesem Tage an hoert man an der Stelle, die ihm zum Verderben wurde, 
oft einen geisterhaften Lockruf. Doch wer ihm folgt, kommt nie zurueck.

Dazu die Erklaerung von AlftheMerking: 
Betrunkene Floesser, die als Schuldige die arme Nixe fanden und eine 
Adlige, die den Spielmann in die Isar trieb. 
Um das zu vertuschen, schickte man sie ins Kloster, so dass sie 
verschwunden war, und schob die Schuld am Tod des Spielmanns der 
Isarnixe in die Flossen!

    Source: geocities.com/televisioncity/8232

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